Norwegen (Südhälfte) 1997 :
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Vom 8.8. bis 6.9.1997 reiste
ich zusammen mit meiner Frau durch Südnorwegen. Wir
fuhren mit unserem Nissan (der Sunny Traveller ist ein kleiner
Kombi, gerade ausreichend groß, dass wir bei umgeklappten
Rücksitzen darin schlafen können) zunächst nach Frederikshavn
in Dänemark und setzten für 200DM (hin und zurück)
nach Göteborg über.
Ursprünglich hatten wir vor, die Fähre
Hirtshals - Kristiansand direkt nach Norwegen zu nutzen,
aber das hätte 330DM gekostet. Göteborg erwies sich
ringsum als Vorteil, denn
die Fahrt durch Schweden nach Oslo ist landschaftlich
außerordentlich reizvoll. Von Oslo aus machten wir eine
Rundreise entgegen dem Uhrzeigersinn, wobei wir
immer südlich von Trondheim blieben. Im an sich teuren
Reiseland Norwegen war unser Urlaub ausgesprochen
billig. Wir gaben
für uns beide zusammen in den vier Wochen nur 1500DM aus,
wobei das meiste für das teure Benzin anfiel (über 2DM
je Liter). Wir übernachteten stets im Auto, speisten
selten im Restaurant und hatten von zu Hause viele
Lebensmittel mitgebracht - vor allem auch Bier, denn
das wird in Norwegen mit Gold aufgewogen. Durch das
hier geltende Jedermannsrecht ist man nicht auf
Campingplätze angewiesen. Wir suchten uns als Schlafplatz
die landschaftlich schönsten Stellen. Nur zwei Nächte
schliefen wir auf einem Campingplatz, denn manchmal ist
es nötig, sich mit
warmem Wasser gründlich zu säubern.
Im Folgenden möchte ich
auf einige Reiseetappen näher eingehen, die mit
Wandern und Klettern im Gebirge zu tun haben.
Innerdalen
Übernachtung: am Ende der
Talstraße, etwa 5km unterhalb der Innerdal-Hütte.
Innerdalen liegt im
Gebirge Trollheimen etwa 150km südwestlich von
Trondheim. Die höchsten Berge hier sind nicht einmal
2000m hoch, doch infolge der nördlichen
Lage bleiben sie auch im Sommer schneebedeckt.
Uns stach vor allem ein schöner Felsberg
ins Auge, das Innerdal-Horn (auf den Karten auch als
Innerdalstarnet bezeichnet)direkt über der Hütte.
Wir wählten den leichtesten Anstieg. Meistens steiles
Gehgelände, nur die letzten 150m luftige Kletterei (II).
Auf dem Gipfel trafen wir zwei
Norweger. Sie hatten uns im Gehgelände mit beeindruckender
Geschwindigkeit überholt. Jetzt saßen sie etwas bekümmert
da, denn sie getrauten sich den Abstieg nicht und waren
sehr froh, dass wir sie mit unserem Seil hinunter sicherten.
Wochen später schickten sie uns einen Artikel in einem
Bergsteiger - Jahrbuch, in dem sie humorvoll ihre
Rettung beschreiben.
Romsdalen
Übernachtung: am Ende der
Straße im Venjedal, direkt am Fuße des Romsdal-Horns.
Romsdalen liegt etwa 250km
südwestlich von Trondheim und ist eines der bedeutendsten
Klettergebiete Norwegens. Hier gibt es die
berühmte 1000m-Wand am Trollryggen, senkrecht bis überhängend
und für uns natürlich tabu. Aber auch das Romsdal-Horn
ist ein lohnender Gipfel. Wir kletterten die Nordkante
(sechs Seillängen, Schwierigkeit III). Oben auf dem
luftigen Gipfel
sitzt man prächtig. Dicht östlich des Anstiegs ist eine
Abseilpiste eigerichtet, so dass man schnell und bequem
wieder unten ist.
Traumhaft schön ist der
Anstieg zum Kvandalstind von
Süden IV. Dabei ist sogar ein ziemlich großer Gletscher zu
überqueren. Reine Felskletterei hingegen bietet die
SO-Kante III auf den Bispen ("Bischoff") hoch über den
Serpentinen der Straße Trollstigen.
Und ausnahmsweise sei hier
auch einmal eine
Auto-Wanderung empfohlen: Zunächst fährt man
von Andalsnes aus die Talstraße im Romsdal
etwa 40km nach Südosten bis
zur Siedlung Bjorli. Dort biegt man auf einer Sandstraße
nach links ab und fährt in nördlicher Richtung etwa 25km
durch eine
fast mongolisch wirkende Landschaft bis zum Parkplatz
am See Mardalstjonna. Weiter gehts zu Fuß links am See entlang
bis zu dessen Abfluss. Und dann wird es dramatisch.
Urplötzlich verschwindet der kräftige Abfluss ins Bodenlose.
Je näher man an die Bergkante herankommt, desto lauter wird
das Tosen, bis man schaudernd sieht, wie Europas höchster
Wasserfall Mardalsfossen (300m freier Fall!)
zum 900m tiefer liegenden See
Eikesdalsvatnet hinunterstürzt. Urgewaltig! Und kein
Mensch außer uns ist hier, um dieses Schauspiel anzusehen.
Das war am 20.August.
Erst viel später erfahren wir, dass man den
Mardalsfossen regelmäßig am 21.August
abstellt, um bis zur nächsten Saison mit seinem Wasser
unterirdisch
Energie zu gewinnen. Glück muß der Mensch haben!
Valle
Übernachtung: an Waldstraße
südwestlich über dem Ort.
Valle ist ein Dorf im Setesdal, etwa 150km nördlich von
Kristiansand. An beiden Seiten des Tals gibt es bis zu 300m
hohe und sehr glatte Granitwände. Hier ist vor allem
Reibungskletterei angesagt. Und mutig muss man sein, denn
die runouts sind gewaltig. Wir kletterten den Weg
"Pa Sparket" (V) am Westhang des Tals. Erst 2 Seillängen
an einem feinen Riss entlang, dann Reibungswand.
Als ich in der dritten Seillänge ohne jede Zwischensicherung
unser 50m-Seil
ausgestiegen hatte, gabs immer noch keinen Standplatz.
Karin befragte das Topo, und tatsächlich maß diese
Seillänge 60 ! Meter. Damit hatte ich nicht
gerechnet. Benutzt man denn hier derart lange Seile?
Richtig schwer war die Kletterei
eigentlich nicht gewesen,
aber Reibung im Abstieg ist sehr unangenehm. Ausgleiten
darf ich nicht, denn der raue Granit würde für
grässliche Schürfwunden sorgen. Angeschmiegt an
die glatte Wand versuche ich, kühlen Kopf zu
bewahren. Und tatsächlich finde ich nach einiger Zeit
den rettenden Ausweg, indem ich nach rechts
zum Stand einer benachbarten
Route quere. Ich bin heilfroh, der Falle
entronnen zu sein. Mit neuem Mut steigen wir weiter.
Zwei Seillängen noch, dann müssen wir umkehren. Es
beginnt nämlich zu regnen, und
bei Regen hört
an diesen Reibungswänden jeder Spaß auf.
Hägefjell
Übernachtung:
Zeltplatz für Kletterer
am Südfuß des Berges. Es gibt einen klaren Bach
und ein blitzsauberes Bioklo. Je Auto steckt man 7DM
Übernachtungsgeld in einen Briefkasten.
Der Hägefjell ist eine riesige Granitkuppel am
nordwestlichen Ufer des Nissersees, etwa 150km
nordnordöstlich von Kristiansand.
Die bis zu 400m hohen Wände bieten anspruchsvolle
Reibungs- und Risswege. Wir belagerten drei Tage lang
den leichtesten von ihnen. Er heißt Via Lara (IV) und
besteht aus einer Folge betörend schöner Risse.
An unserem Ankunftstag schien die Sonne, doch
wir verschwendeten das gute Wetter, indem wir des Überblicks
wegen erst einmal von hinten auf den Berg wanderten.
Dann kam der große Regen und aus den Rissen von
Via Lara stürzte ein mittelgroßer Wasserfall.
Nach drei Tagen ohne Wetterbesserung ging unser Urlaub zu Ende. Noch
heute trauern wir dem entgangenen Klettergenuss nach.
* * * * * *
Manche meinen, dass es in Norwegen zu oft regnet. Wir
empfanden das nicht so. Es passt ausgezeichnet zu dieser
etwas herben Landschaft, dass der Wind häufig dicke
Wolken vom Meer herantreibt. Dann muss man halt mal
etwas küzer treten beim Klettern. Und Wanderungen
durch die kargen Fjelllandschaften des Rondanegebirges,
des Dovre Fjell oder der Hardangervidda gewinnen gerade
durch das wechselnde Wetter ihren ganz besonderen Reiz.
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